Sonntag, 12. September 2010

Schafft der Ausbau des Flughafens jetzt Arbeitsplätze oder nicht?

Am 11.09.10 fand eine interessante Veranstaltung der Landtagsfraktion der LINKEN mit dem Thema "Jobmotor Flughafen Rhein-Main?" in Rüsselsheim statt. Die Veranstaltung wird von der Fraktion dokumentiert und dort erhältlich sein .

Nach den einleitenden Worten von Hermann Schaus zerpflückte Prof. Dr. Thießen vom Rhein-Main-Institut (RMI) insbesondere die Gutachten des Mediationsverfahrens für die Startbahn 18-West, die die Schaffung von Arbeitsplätzen prognostiziert haben. Das Gutachten des RWI (Wirtschaftsinstitut), das verdeutlichte, dass der Ausbau des Frankfurter Flughafens keine nachweisbaren Einfluß auf den Arbeitsmarkt haben wird, wurde im Mediationsverfahren geschickt unter den Tisch fallen lassen. Andere Gutachten hätten eigentlich auf Basis der Daten ergeben müssen, dass es ein optimale Größe des Flughafens für das regionale Wirtschaftswachstum gibt, bei Überschreitung fällt die Quote wieder ab.

Eine eigene Studie des RMI bezog sich auf alle Landkreise im Westen Deutschlands und maß ihre Entfernung zu den Flughäfen (regional und international). Es konnte keine Beziehung zwischen Wachstumsraten und der Nähe zum Flughafen hergestellt werden.

Mit der Auswirkung auf den Handel beschäftigte sich Bernhard Schiederig, Landesfachbereichsleiter Handel bei ver.di Hessen. Seine These "Egal wie groß die Verkaufsfläche wird und wie weit die Öffnungszeiten verlängert werden, es gibt keine neuen Arbeitsplätze" belegte er u. a. mit folgenden Zahlen. In Hessen hat sich seit 2000 die Verkaufsfläche um 12% erhöht, der Umsatz um 1% (preisbereinigt um -2,5%), die Beschäftigtenzahl hat sich nicht verändert. Und dies obwohl es immer mehr prekäre Beschäftigung gibt, die sich insbesondere bei längeren Ladenöffnungszeiten entwickelt. Es findet eine Verlagerung der Arbeitsplätze in die größeren Unternehmen statt (REWE hat 54% des Einzelhandelumsatzes).

Die gute Nachricht, dass das REWE-Lager in Groß-Gerau nicht gebaut hat (der Dank geht an alle, die Unterschriften gesammelt haben) wird getrübt, dass das Lager, jetzt vollautomatisch, die 150 Arbeitskräfte kommen aus einem anderen Lager, auf dem Mönchhofgelände gebaut werden soll. Ich weiss nicht, ob dort die zusätzliche Verkehrsbelastung verkraftet werden kann.

Tom Winhold, bisher Gewerkschaftsekretär Fachbereich Postdienste, Logistik, Speditionen in ver.di Südhessen, berichtete über die Arbeitssituation in diesen Geschäftsbereichen. Die gewerblichen Arbeitsplätze werden fast alle befristet, sind zu 70% Leiharbeit, in der Kurierbranche wird vorwiegend mit Subunternehmern gearbeitet. Die kaufmännischen Beschäftigten verdienen zwar besser, leiden meist aber gesundheitlich unter der enormen zeitlichen Belastung und Verantwortung.

Petra Schmidt von der BI Mörfelden-Walldorf schloß den Reigen mit dem Blick aufs Ganze. Sie informierte, dass 53 % des Umsatzes der Fraport durch Immobilien, Ladenvermietung und Parkraumbewirtschaftung erzielt wird, mehr als durch den Flugverkehr. Der Flughafen mit seinen verschiedenen Centern wird in den nächsten Jahren zur eigentlichen Metropole des Rhein-Main-Gebietes werden. Es entsteht eine Stadt ohne parlamentarische Strukturen, ohne kommunale (Selbst)Verwaltung, ohne Menschen, die dort tatsächlich auf Dauer leben, ohne kulturelle Verwurzelung...., die weder von den Nutzer/innen noch von den Anrainer/innen kontrolliert werden kann, sondern sich in privater Hand befindet. Und wenn die Fraport mal was braucht, wie z.B. ein paar Parkplätze, sind die Kommunen, wie das Stadtparlament Frankfurt mit grüner und CDU-Mehrheit, gerne bereit auf 5 ha Fläche die Bäume fällen zu lassen.

Die Moderation am Nachmittag hat Dirk Treber von der Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms übernommen und auf das Sonderheft von Lunapark21 mit den Themen Globalisierung. Flugverkehr.Gegenwehr hingewiesen. Unter www.lunapark21.net oder im Bahnhofsbuchhandel zu erhalten.

Bericht: Christiane Böhm, DIE LINKE Trebur/Nauheim